Zuweilen nahe an der Selbstkopie, aber dafür noch entschlossener als zuletzt: HEAVEN SHALL BURN bleiben sich auf "Heimat" treu und finden dadurch die richtigen Worte in einer turbulenten Zeit.
HEAVEN SHALL BURN: HeimatHeimat könne nur sein, was man auch mit anderen teilt, schlussfolgerten
WALDGEFLÜSTER im Jahr 2021. Es gehe dabei gleichwohl um ein Gespür für die eigene Geschichte, aber auch um das gesellschaftliche Mitgefühl, wie die Atmospheric Black Metal-Band in „Am Tatzlwurm“ sinngemäß zusammenfasst. Dass nun auch
HEAVEN SHALL BURN vier Jahre später diesen streitbaren Begriff ins Zentrum rücken, lässt tief blicken: Die sozialen Bande scheinen zusehends zerrüttet, in Europa wie auf globaler Ebene.
Komplexe Sachverhalte und Streitfragen verlangen indes nach klarer Positionierung; doch wo man selbst stehen möchte, ist inmitten der Informations- und Desinformationsflut oftmals gar nicht so deutlich auszumachen. Eine Aushöhlung unseres schwer errungenen Wertesystems steht bevor und damit auch des eingangs dargelegten Konzepts: Dass
HEAVEN SHALL BURN im Streicher-Intro „Ad Arma“ also direkt zu den Waffen rufen, ist gar nicht so abwegig, wenn diese Heimat in Gefahr scheint.
Ein Gespür für Dringlichkeit beflügelt auf „Heimat“ die Botschaften HEAVEN SHALL BURNs
Begegnet wird der Bedrohung aber keineswegs mit Schwert und Schild, sondern mit Haltung: Politisch aufgeladen war bislang noch jede Veröffentlichung der Thüringer, doch beflügelt auf „Heimat“ ein wiedergefundenes Gespür für Dringlichkeit die Botschaften des Quintetts. Eingerahmt werden diese auch im weiteren Verlauf von konsterniert-bedrückenden Symphonic-Arrangements („Imminence“, „Inter Arma“), welche in Zusammenarbeit mit Komponist Sven Helbig entstanden. Die Dramatik dieser Zwischenspiele begünstigt die bandtypische Urgewalt, die
HEAVEN SHALL BURN auch auf „Heimat“ in aller Regelmäßigkeit heraufbeschwören.
Dabei erscheint die Produktion ein wenig roher als zuletzt: indem die Gitarren im Mix etwas prominenter in Erscheinung treten und dafür die Tiefen nicht ganz so dominant herausgestellt werden. Dass Marcus Bischoffs manchmal leicht heisere Vocals dadurch minimal an Verständlichkeit einbüßen, ist ein durchaus akzeptables Tauschgeschäft, eben weil das Gesamtresultat zu gefallen weiß.
HEAVEN SHALL BURN zeigen sich auf „Heimat“ noch entschlossener als zuletzt
Besonders der Death-Metal-Schlagseite der Band stehen diese Feinjustierungen gut zu Gesicht, was nicht zuletzt der drückenden Brachialgewalt von „My Revocation Of Compliance“ zugutekommt. Dass hier
HEAVEN SHALL BURN nach „Voice Of The Voiceless” (2004) ein weiteres Mal die Stimme gegen die Zustände in der Tierindustrie erheben, führt nur vor Augen, wie kümmerlich der Fortschritt diesbezüglich in den letzten zwei Dekaden war.
Vielleicht zeigt sich die Gruppe auf „Heimat“ auch deshalb noch entschlossene als zuletzt: Während das eingängig-melodische „Empowerment“ zum Aktivismus aufruft, verpackt „Confounder“ eine ähnliche Botschaft in vertrautes Gewand. Synthesizer und Industrial-Spitzen nicht unähnlich der von „Übermacht“ leiten das Stück ein, bevor im Refrain göteborg-inspirierte Leadgitarren übernehmen. Der Stilvielfalt von „
Of Truth & Sacrifice“ (2020) entledigen sich
HEAVEN SHALL BURN im Sinne eines zielgerichteten Genrewerks, das sich zuvorderst auf die Stärken der Melodic Death Metal-Band besinnt.
Manchmal bewegen sich HEAVEN SHALL BURN nahe an der Selbstkopie, finden aber selbst dann die richtige Balance
Die für das vorausgegangene Doppelalbum nötigen Experimente sind diesmal eben kein Muss, solange die vertrauten Trademarks mit so viel Feuer dargeboten werden, wie es auf „Heimat“ der Fall ist. Natürlich bewegt sich das Gespann manchmal nahe an der Selbstkopie, wenn beispielsweise das Riff von „Those Left Behind“ auch problemlos auf „
The Split Program II“ (2005) oder „
Iconoclast (Pt. 1: The Final Resistance)“ (2008) einen ehrenvollen Platz gefunden hätte. Packen können uns
HEAVEN SHALL BURN mit dieser energetischen Mischung aus Brachialgewalt und Melodeath trotzdem, da am Ende sowohl die Balance der Extreme als auch die Melodieführung einen schnellen Zugang in den bandeigenen Kosmos sichern.
Das gilt für Eigenkompositionen wie „Ten Days In May“ oder „Dora“ genauso wie für das
KILLSWITCH ENGAGE-Cover „Numbered Days“, welches gemeinsam mit Original-Sänger Jesse Leach eine eindringliche Neuinterpretation erfährt. Geschickt platzierte Schauwerte wie das Solo in „Ten Days Of May“ oder die dramatischen Chöre in „War is The Father Of All“ schenken dem Material derweil eine eigene Note.
Auf HEAVEN SHALL BURNs „Heimat“ steht die Botschaft an erster Stelle
Die in Letzterem kritisierte globale Aufrüstung machen
HEAVEN SHALL BURN derweil nicht mit: Keineswegs inhaltlich, aber musikalisch wagt die Platte einen Schritt zurück, um die Botschaft der deutschen Metal-Größe noch lauter in die Welt zu schreien. Nicht zuletzt deshalb ist „Heimat“
HEAVEN SHALL BURN in Reinessenz und zugleich ein Weckruf, dieselbe nicht zusammen mit den eigenen Prinzipien auf dem Altar der Lethargie zu opfern. Denn dann bleibt von diesem streitbaren Begriff am Ende vielleicht wirklich nichts mehr übrig, das man mit dem Anderen teilen kann.
Veröffentlichungstermin: 27.06.2025
Spielzeit: 51:04
Line-Up
Marcus Bischoff – Vocals
Maik Weichert – Guitar
Alexander Dietz – Guitar
Eric Bischoff – Bass
Christian Bass – Drums
Produziert von Alexander Dietz und Tue Madsen (Mix und Mastering)
Label: Century Media
Homepage:
http://www.heavenshallburn.com/Facebook:
https://www.facebook.com/officialheavenshallburnInstagram:
https://www.instagram.com/heavenshallburnofficialBandcamp:
https://centurymedia.bandcamp.com/album/heimat-24-bit-hd-audioHEAVEN SHALL BURN “Heimat” Tracklist
1. Ad Arma
2. War Is The Father Of All (
Video bei YouTube)
3. My Revocation Of Compliance (
Video bei YouTube)
4. Confounder (
Video bei YouTube)
5. Empowerment (
Video bei YouTube)
6. A Whisper From Above
7. Imminence
8. Those Left Behind
9. Ten Days In May
10. Numbered Days (feat. Jesse Leach of Killswitch Engage) (
Audio bei YouTube)
11. Dora
12. A Silent Guard
13. Inter Arma